Gruppe Lechtal (Füssen-Schongau)

Gruppe 1482 Lechtal Flyer_Gruppe Lechtal_2018

Arbeitsschwerpunkt Öffentlichkeitsarbeit Türkei 

Die Amnesty-Gruppe ‘Lechtal’ (Füssen-Schongau) setzt sich wieder für eine Gefangene aus der Türkei ein, nachdem der letzte Gefangene Ende 2022 entlassen worden ist. Die 59-jährige Mine Özerden wurde am 25. April 2022 wegen angeblicher Beteiligung an einem Staatsumsturz zu 18 Jahren Haft verurteilt. Sie ist Teil der Angeklagten im “Gezi-Prozess”. Gezi ist der Name eines Parks in Istanbul, in dem es Mitte 2013 zu Demonstrationen kam. Diese Proteste richteten sich zunächst gegen die Bebauung des Parks, dann aber auch gegen die zunehmend autoritäre Politik der türkischen Regierung. Sie weiteten sich schnell über die gesamte Türkei aus.

Hauptangeklagter in diesem Prozess ist Osman Kavala, ein bekannter Unternehmer, der sich aktiv für Menschenrechte einsetzt. Ihm wird vorgeworfen, er habe die Proteste organisiert und finanziert. Kavala ist im September 2023 wegen “versuchten gewaltsamen Staatsumsturzes” in letzter Instanz zu lebenslanger Isolationshaft ohne Möglichkeit der Bewährung verurteilt worden. Im Dezember 2019 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) entschieden, die Inhaftierung von Osman Kavala sei aus politischen Gründen und ohne begründeten Verdacht erfolgt und seine sofortige Freilassung gefordert. Bis heute weigert sich die Türkei jedoch, das Urteil des EGMR umzusetzen.

Die in Köln geborene Mine Özerden kehrte in den 60er Jahren in die Türkei zurück, wo sie Sozialanthropologie studierte. Nach Arbeiten in der Werbebranche drehte sie einen prämierten Kurzdokumentarfilm und begann 2001 bei der von Osman Kavala gegründeten Stiftung „Anadolu Kültür“ zu arbeiten. Die Stiftung betreibt Kulturzentren in vernachlässigten Regionen der Türkei, die sich für kulturelle Vielfalt, die Förderung des Dialogs in Kunst und Kultur und die Stärkung der kulturellen Zusammenarbeit einsetzen.

Festgenommen wurde Mine Özerden im Zusammenhang mit den Gezi-Park-Ereignissen zum ersten Mal Ende 2018. Im Februar 2020 wurde sie zusammen mit weiteren Angeklagten, darunter auch Osman Kavala, freigesprochen, weil

keine ausreichenden Beweise gegen die Angeklagten vorlägen. Das Berufungsgericht hob diesen Freispruch allerdings wieder auf und verurteilte Mine Özerden zusammen mit sechs weitere AktivistInnen wegen angeblicher Beihilfe zum gewaltsamen Staatsumsturz zu 18 Jahren Haft. Das Kassationsgericht bestätigte das Urteil im September 2023 in letzter Instanz. Mine Özerden ist im Frauengefängnis von Bakırköy (Istanbul) inhaftiert.

Im Laufe des Prozesses hat Mine Özerden mehrfach um eine Erklärung gebeten, was ihr eigentlich vorgeworfen werde. Im gesamten Verfahren wurden keinerlei Beweise für eine Beteiligung von Osman Kavala an der Organisation der Gezi-Proteste und für die Existenz irgendwelcher Pläne für einen gewaltsamen Staatsumsturz erbracht. Die Verurteilten haben sich lediglich im Rahmen ihrer legitimen staatsbürgerlichen Rechte ohne jegliche Anwendung oder Aufrufe zur Gewalt gegen die Bebauungspläne für den Gezi-Park gewandt. Amnesty International betrachtet Mine Özerden und die anderen Verurteilten im Gezi-Prozess daher als gewaltlose politische Gefangene.

Die Amnesty-Gruppe Lechtal (Füssen-Schongau) setzt sich seit ihrer Gründung vor 41 Jahren kontinuierlich für politische Gefangene in aller Welt ein. Mit Unterschriftenaktionen, Informationsständen und Veranstaltungen trägt die Gruppe dazu bei, in der Öffentlichkeit über die Schicksale der Gefangenen zu berichten. Außerdem schickt sie Briefe ins Gefängnis, um den Gefangenen beizustehen.

Außerdem sind wir aktiv bei:

  • Beteiligung an themenzentrierten Kampagnen (z.B. für die Abschaffung der Todesstrafe, gegen Folter und gegen Gewalt gegenüber Frauen), Briefe schreiben zu urgent actions (Eilaktionen)
  • Infostände in Füssen Informationsveranstaltungen mit anderen Organisationen und Referenten
  • Ausstellungen und Öffentlichkeitsarbeit zum Thema Menschenrechte u.a. in Zusammenarbeit mit Schulen

Historie: Die Gruppe besteht seit 1983. Sie ist aus einer Frauengruppe für den Frieden hervorgegangen.

Mitglieder: Ca. 10 Mitglieder (wir freuen uns immer auf neue Gesichter!)

Treffen: Monatlich, in Füssen, Steingaden oder Lechbruck

25. Juli 2024