Stellungnahme zur Petition der Jugendgruppe

Stellungnahme zur Diskussion um das Steigenberger Hotel „Drei Mohren“

28.08.2018

Zur Petition der Jugendgruppe von Amnesty International und dem anschließenden Medienecho erhielten wir sehr viele Anfragen, die wir aus Zeitgründen leider nicht alle einzeln beantworten können. Deshalb hier unsere Stellungnahme dazu:

Die Vorgeschichte:

Mitte Juli startete die Augsburger Amnesty-Jugendgruppe die Petition zur Umbenennung des Hotels „Drei Mohren“. Ihre Motivation: „Mohr“ ist eine veraltete Bezeichnung für Schwarze Menschen, die ihren Ursprung in der kolonialen Vergangenheit Deutschlands hat und im Laufe der Geschichte zur Abwertung und Herabstufung Schwarzer Menschen verwendet wurde. Von daher ist sie als rassistisch zu bewerten. Mit ihrer Bitte um Streichung des rassistischen Zusatzes hatte die Jugendgruppe zunächst das Gespräch mit der Hotelleitung gesucht. Im Juni lud die Geschäftsführung des Hotels ein Mitglied der Gruppe zu einem Vier-Augen-Gespräch ein. Das Fazit daraus: Das Hotel gab zwar zu, dass bereits geplant wäre, aus dem Logo die drei stilisierten Köpfe zu entfernen. Jedoch wolle man an dem Namenszusatz „Drei Mohren“ festhalten. Die ablehnende Haltung der Hotelführung, sich mit dem umstrittenen Begriff auseinanderzusetzen, führte dazu, dass die Gruppe diese Online-Petition startete. Übrigens mit voller Unterstützung und dem Rückhalt der anderen Augsburger Amnesty-Gruppen sowie der Amnesty-Themengruppe Antirassismus.

Das Medienecho:

Etwa einen Monat nach dem Petitionsstart stürzten sich plötzlich die Medien auf das Thema, ausgelöst vermutlich durch den Bericht auf Stadtzeitung online. Darin kritisierte auch Claas Henschel, der am Lehrstuhl für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg arbeitet und im Bereich Sklaverei, Kolonialismus und Dekolonialisierung forscht, das Logo und den Namenszusatz als rassistisch. Auch zitiert dieser Artikel ein zentrales Anliegen aus dem Petitionstext: Die Petition schafft eine Grundlage zur Auseinandersetzung und Debatte. Wir hoffen aber, dass diese konstruktiv verläuft und nicht diffamierend oder kontraproduktiv wirkt.

Genau das ist leider nicht passiert, denn in den sozialen Medien häuften sich abschätzige Kommentare und Beleidigungen gegen die Mitglieder der Jugendgruppe. Und selbst wenn dann Focus online und DAZ-Ausgburg.de noch sachlich über das Thema berichteten – spätestens mit den drei Artikeln und einem Kommentar in der Augsburger Allgemeinen, die zwischen dem 17. und 23. August erschienen sind, begann ein richtiger Shitstorm gegen die Jugendgruppe und gegen Amnesty International in Augsburg.

Die Vorwürfe:

Das Gros der Kommentare umfasste das Spektrum von „Habt ihr nichts Besseres zu tun?“ über „Darauf erst mal einen Mohrenkopf“ bis hin zu „Müssen sich jetzt alle umbenennen, die Mohr heißen?“ – keine Basis für einen konstruktiven Dialog.

Und dann wurde die hoch gelobte Tradition herbeigezogen und damit auch der Vorwurf erhoben, die Jugendgruppe habe sich nicht mit der Geschichte beschäftigt, wonach vor 500 Jahren drei abessinische Mönche in dem Hotel überwintert haben sollen, der Name demnach positiv zu werten sei. Schön und gut – selbst wenn die Legende stimmt: Weshalb musste man damals (und bis heute) diese drei Mönche auf ihre Hautfarbe reduzieren, noch dazu mit einem Begriff, der wenig Wertschätzung gegenüber Schwarzen Menschen zum Ausdruck bringt. Was soll daran positiv sein? Wie kommen die Kommentatoren und einige Medien zu der Schlussfolgerung, dass aufgrund der Gastfreundschaft des Wirts eine herabsetzende Bezeichnung seiner Gäste mit Toleranz und Weltoffenheit gleichzusetzen wäre?

Selektive Wahrnehmung:

Die sprachwissenschaftliche Herleitung von „Mohr“ und weshalb der Begriff als rassistisch einzustufen ist, hat die Jugendgruppe sehr ausführlich im Petitionstext erklärt. Nur schien das leider niemand so genau lesen zu wollen. Ebenso wenig wurde dem Beachtung geschenkt, was die Jugendgruppe in der ersten Zeile schreibt: Ein Vorschlag unsererseits für das Hotel wäre, ausschließlich den Namen „Steigenberger“ zu verwenden … Stattdessen stürzten sich alle auf den etwas ironisch gemeinten Alternativvorschlag, das Hotel in „Drei Möhren“ umzubenennen. Doch Humor ist ebenso wie Ironie nicht jedermanns Sache und mitunter schwer zu vermitteln.

Drei-Mohren-Logo

Auch der Bezug auf die Kolonialgeschichte und warum der Name als rassistischer Begriff einzuschätzen ist – das steht alles im Petitionstext! – wurde in der Diskussion geflissentlich übersehen. Wer den Petitionstext gründlich liest, merkt schnell, dass sich die Mitglieder der Jugendgruppe sehr intensiv mit dem Thema auseinander gesetzt haben.

Was wir bedauern:

Die Abwehrhaltung, mit der sowohl die Presse als auch viele Nutzer in den sozialen Medien gegen den Appell der Jugendgruppe vorgegangen sind, verhinderte bisher leider eine konstruktive Diskussion und ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema. Sobald Rassismus auch nur angesprochen wird, verschließt sich das meist weiße Gegenüber: Man will nicht über Rassismus sprechen, sondern wehrt sich nur gegen den Vorwurf des Rassismus’. Doch nur wenn man bereit ist, sich auf diese Diskussion einzulassen, lassen sich Strukturen von unbewusstem Rassismus aufdecken und im besten Fall verändern. Es geht hier auch um das Recht von Schwarzen (oder generell anders als die Mehrheit aussehenden) Menschen, selbst zu bestimmen, wie sie bezeichnet werden wollen. Dieses Recht sollte man ihnen nicht absprechen, vor allem in einer Stadt, die sich so gerne „Friedensstadt“ nennt.

Ein Umschwung in Sicht …

Die Petition schlug so große Wellen, dass auch Medien außerhalb von Augsburg auf uns aufmerksam wurden. Als letzte Woche der Bayerische Rundfunk zu uns kam, waren wir sehr erfreut, dass sich der Redakteur etwas tiefgründiger mit Rassismus und Kolonialismus befassen wollte. Und er war auch der erste, der endlich einen Betroffenen zu Wort kommen ließ: Der aus Kamerun stammende Musiker Njamy Sitson lebt seit vielen Jahren in Augsburg. Er führte den BR-Redakteur durch die Stadt, erklärte ihm, wie der Hotelname auf ihn wirkt und zeigte weitere rassistische Bezeichnungen in der Stadt auf. Seitdem der Beitrag in der Abendschau ausgestrahlt wurde (der auch in der Mediathek zu sehen ist), haben wir einen leichten Umschwung bemerkt: mehr positive Kommentare in den sozialen Medien – und weitere Berichte, die eine gute Basis für einen konstruktiven Dialog bieten.

So erklärte zum Beispiel der Sprachforscher Anatol Stefanowitsch von der FU Berlin in einem Radiobeitrag auf Bayern 2, warum politisch korrekte Sprache notwendig ist. Und Tahir Della von der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland (ISD) entkräftet in einem Interview mit BR Puls das Argument der Tradition: „Es war für die Betroffenen wahrscheinlich zu keinem Zeitpunkt normal, so benannt zu werden. Die Intention, die dahintersteckt, zum Beispiel warum sich ein Hotel so bezeichnet, mag tatsächlich nicht rassistisch gemeint sein. Aber es hat keine Relevanz, wie es gemeint war oder wie Historiker das einordnen, sondern wie sich die betroffene Menschengruppe dabei fühlt. Sprache ist immer von Tradition geprägt, aber sie verändert sich aufgrund von gesellschaftlichen Entwicklungen.

Und wie geht es weiter?

Wir begrüßen, dass die Jugendgruppe von Amnesty mit ihrer Petition eine Debatte zum Thema Rassismus angestoßen hat und hoffen auf eine konstruktive und sachliche Diskussion. Wir wissen aus Erfahrung, dass Menschenrechtsarbeit langwierig sein kann und wir viele Hürden überwinden müssen. Darauf sind wir also vorbereitet.

Die Jugendgruppe wurde durch den Medienrummel noch bestärkt in ihrer Motivation, das Thema voranzutreiben. Und wir (Älteren) unterstützen sie dabei, so gut wir können, und sind megastolz auf sie!

Was das Hotel betrifft, so wurde übrigens inzwischen ein erster positiver Schritt schon umgesetzt: Die stilisierten schwarzen Köpfe sind bereits aus dem Logo verschwunden (siehe Bild oben). Gut so!

Übrigens: Amnesty International setzt sich schon seit längerem gegen Rassismus ein. Infos dazu gibt es auf der Kampagnenseite „Gegen Rassismus in Deutschland“ von Amnesty Deutschland.